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Teleseismische Bestimmung von Bruchflächen

Die seismischen Signal von Tiefherdbeben weisen häufig auf komplizierte Herdvorgänge hin ((Brustle und Muller(1987))). Insbesondere mit qualitativ hochwertigen Daten von modernen Breitbandstationen lassen sich Direktivitätseffekte und Mehrfachbrüche oft eindeutig nachweisen. Beispiele hierfür finden sich im Sonderheft von Geophysical Research Letters vom August 1995, das dem tiefen Bolivienbeben vom 9. Juni 1994 gewidmet ist. So erfolgte bei diesem Beben (Mw = 8.2) der Bruch in etwa 650 km Tiefe entlang einer subhorizontalen, etwa 2500 km2 großen Fläche ((Estabrook und Bock(1995))), wobei sich der ``Bruch'' mit einer sehr niedrigen Geschwindigkeit von 1-2 km/s ausbreitete. Die Bezeichnung ``Bruch'' weist hierbei nicht auf einen Scherbruch hin, wie er als Mechanismus für flache Erdbeben auftritt, sondern beschreibt allgemein eine Instabilität, die zu einem Tiefherdbeben führt, ohne weitere Angaben über den Mechanismus zu machen. Bemerkenswert am Bolivienbeben und anderen Tiefherdbeben ist, daß die Barriere der 660 km Diskontinuität nicht durchbrochen werden konnte. Dies weist darauf hin, daß die genaue Kenntnis der Natur der 660 km Diskontinuität neben anderen Parametern Voraussetzung für ein besseres Verständnis des Mechanismus von Tiefherdbeben ist.

Viele Tiefherdbeben können wie flache Erdbeben durch einen Scherdislokationsvorgang ausreichend beschrieben werden. Trotz vielfältiger Bemühungen ist es bis jetzt nicht gelungen, bei tiefen Erdbeben isotrope Anteile, die als Folge von Volumenänderungen im Zusammenhang mit Phasenübergängen auftreten könnten, eindeutig nachzuweisen ((Hara et al.(1995); Kawakatsu(1991); Kikuchi und Kanamori(1994); Okal(1996))). Hingegen wurden bei vielen Tiefherdbeben signifikante deviatorische Anteile beobachtet, die durch einen kompensierten Vektordipol (``compensated linear vector dipole, CLVD'') beschrieben werden können ((Frohlich(1990); Kuge und Kawakatsu(1993))). CLVD Komponenten im Momententensor können durch Überlagerung multipler Ereignisse, von denen jedes Einzelereignis aus einem reinen Scherbruch besteht, vorgetäuscht werden ((Kuge und Kawakatsu(1993))). Gerade im Zusammenhang mit der Anti-Riß-Verwerfungstheorie haben einige Autoren vorgeschlagen (z.B. (Houston(1993))), daß sich starke Tiefherdbeben aus multiplen Herdflächen zusammensetzen und somit die CLVD Komponenten im Momententensor erzeugen, da die Zone, in der metastabiler Olivin existieren kann und auf die sich die seismische Aktivität beschränken soll, zu eng begrenzt sei, um starke Ereignisse mit einer einzelnen Herdfläche zuzulassen. Diese Vorstellung ist aber gerade durch die beiden starken Tiefherdbeben vom 9. März 1994 in Fiji und vom 9. Juni 1994 in Bolivien nicht bestätigt worden. Die Herdlösungen beider Ereignisse, die von der Harvard-Gruppe veröffentlicht wurden, weisen keine signifikanten CLVD Komponenten auf. Beide Beben setzten sich aus mehreren Unterereignissen zusammen, die sich entlang einer vertikalen (Fiji) und subhorizontalen (Bolivien) Fläche anordneten ((Goes und Ritsema(1995))).


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Michael Riedel
10/6/1997