Die subduzierende Lithospäre unterscheidet sich sowohl chemisch als
auch thermisch vom umgebenden Mantel. Als Folge davon zeigen seismische
Signale aus Subduktionsgebieten charakteristische Unterschiede in Amplitude
und Laufzeitverhalten. In zahlreichen Studien wurde nachgewiesen, daß z.B.
generell die Geschwindigkeiten um 3-5 % höher sind als im umgebenden Mantel
((Anderson(1987); Bock et al.(1991); Creager und Jordan(1986))).
Eine logische Erweiterung der Untersuchungen von Differenzeigenschaften
seismischer Signale von Einzelereignissen ist die Zusammenfassung von
Daten vieler Einzelereignisse zu einem Gesamtbild, um die Geschwindigkeitsstruktur
in der Umgebung der jeweiligen seismischen Quellen räumlich darzustellen
((Hirahara(1993); Nolet(1987))). Es existieren viele unterschiedliche
Möglichkeiten zur Parametrisierung dieser Geschwindigkeitsmodelle, von
relativ einfachen Blockmodellen mit minimalen Annahmen über die
vorhandenen Heterogenitäten bis hin zu sehr detaillierten
Modellen auf der Basis vorhandener a priori Informationen über die
Plattenstruktur. Dagegen haben tomographische Modelle zur globalen Mantelstruktur
in der Regel eine zu geringe Auflösung, um Details aus Subduktionszonen
zeigen zu können. Sie sind jedoch von Bedeutung für die Einbettung der
Beobachtungsergebnisse in die Mantelumgebung (z. B. Korrektur der Laufzeiten
durch umgebendes Mantelmaterial, (Hager und Clayton(1989))). Sie können
weiterhin nützliche Informationen liefern über thermische Anomalien
unterhalb von Subduktionsgebieten, z.B. zeigen globale Wellenform-Studien
der Scherwellengeschwindigkeit im unteren Mantel großskalige Regionen von
Material mit hohem vs unterhalb von Subduktionsgebieten, die als
Weiterführung von kaltem subduzierenden Material in den unteren Mantel
interpretiert wurden ((Dziewonski und Woodhouse(1987); Su et al.(1994))).
In letzter Zeit wurden zunehmend detaillierte hochauflösende tomographische
Studien einzelner Subduktionsgebiete veröffentlicht.
Typische Probleme sind dabei verbunden mit der Unsicherheit über die
chemische und thermische Struktur im unteren Mantel, mit lokalen Effekten
aus der Umgebung der seismischen Empfänger sowie mit einem
vertikalen Verschmierungseffekt infolge der begrenzten Überdeckung
durch die seismischen Wellen, die Bereiche unterhalb der tiefsten seismischen
Quellen durchqueren ((Spakman et al.(1989); Zhou(1988))).
In den meisten Fällen werden dabei iterativ die linearen Korrekturen erster
Ordnung zu einem homogenen Referenzmodell (PREM) bestimmt, erst kürzlich
wurden Arbeiten unter Ausnutzung nichtlinearer Inversionstechniken mittels
dreidimensionaler Strahldurchrechnung publiziert. Weitere Verbesserungen der
räumlichen Auflösung wurden auch durch die zusätzliche Einbeziehung von
Reflektionssignalen der Oberfläche (pP, PP) erreicht, die die Überdeckung
der Herdkugel verbessert und Fehler in der Quellentiefe verringert
((van der Hilst et al.(1991); van der Hilst et al.(1993); van der Hilst und Engdahl(1991); van der Hilst und Engdahl(1992); van der Hilst und Seno(1993); van der Hilst(1995))).
Die Beobachtungsergebnisse bestätigen dabei in groben Zügen die Ergebnisse
aus den numerischen Modellrechnungen, nämlich daß das Durchdringen der 660 km
Diskontinuität durch subduzierende lithosphärische Platten möglich und
von regionalen Besonderheiten abhängig ist.