Ein geodynamisches Modell der D'' Schicht als thermische Grenzschicht Bernhard Steinberger (Institut für Meteorologie und Geophysik, Universität Frankfurt) John C. Castle (Dept. of Earth, Atmospheric and Planetary Sciences, MIT, Cambridge, MA, USA) Die D'' Schicht wird häufig als thermische Grenzschicht im untersten Mantel angesehen: Wärme tritt durch Diffusion vom darunterliegenden Kern ein, und wird sowohl durch das großräumige Mantelströmungsfeld als auch durch Mantelplumes weiter nach oben transportiert. Es ist zu erwarten, daß die Dicke der thermischen Grenzschicht lateral variiert -- unter Aufströmen ist eine größere Dicke als unter Abströmen zu erwarten. Hier stellen wir ein numerisches Modell einer solchen Grenzschicht vor, und vergleichen unsere Ergebnisse mit tomographischen Modellen des untersten Erdmantels. Um den Einstroms der Wärmeenergie vom Kern, ihrer Umverteilung durch Advektion im großräumigen Mantelströmungsfeld und hin zur Basis von Mantelplumes, und ihren Ausstrom aus der Grenzschicht in Plumes und in großräumigen Aufströmen zu modellieren, verwenden wir eine große Anzahl von passiven tracer Partikeln. Das großräumige Strömungsfeld wird berechnet aufgrund von Tomographiemodellen des gesamten Mantels, von denen angenommen wird, daß sie Temperatur- und damit Dichteanomalien repräsentieren. Das selbe Strömungsfeld wird außerdem dazu verwendet, die Bewegung von Mantelplumes, und damit die zeitlich variable Position ihrer Basis, zu berechnen. Ein Vergleich der berechneten gegenwärtigen Verteilung von Wärmeenergie in der Grenzschicht mit tomographischen Modellen der Grenzschicht ergibt viele Ähnlichkeiten, sowohl in der großräumigen Struktur als auch in Details. Wir verwenden ausserdem das geodynamische Modell als Eingabe für eine tomographische Inversion. Dabei ergibt sich, dass die modellierte Verteilung von Wärmeenergie und damit Temperatur großenteils durch Tomographie festgestellt werden kann. Das tomographisch Abbild ist jedoch in der Amplitude gedämpft verglichen mit dem Eingabemodell; in Gebieten mit geringerer Durchstrahlungsdichte werden nicht alle Details des Eingabemodells abgebildet. Die Berücksichtigung einer Strömungskomponente in der D'' Schicht hin zur Basis von Mantelplumes, zusätzlich zum großräumigen Mantelströmungsfeld, beeinflußt das Ergebnis nicht stark, zumal die Basis eines Mantelplumes wie die tracer Partikel im allgemeinen auf einen großräumigen Aufstrom zubewegt wird. Die berechneten Positionen der plumes im untersten Mantel konzentrieren sich damit viel stärker als die vertikal projizierten hotspot Positionen in Gebieten der D'' Schicht mit erniedrigter seismischer Geschwindigkeit. Basierend auf unseren Ergebnissen, teilen wir die D'' Schicht versuchsweise in eine Anzahl von "Abflußgebieten" ein. Für nicht jedes dieser Abflußgebiete findet sich ein zugeordneter hotspot an der Oberfläche, jedoch ist es möglich, daß einige Mantelplumes nicht zu Vulkanismus führen.